Die Geschichte der Insel Ischia ‘Ndrezzata
Der Tanz ‚Ndrezzata hat seinen Ursprung wahrscheinlich in der Art eines volkstümlichen Epos. Ein Kriegs- und Siegeslied, eine kriegerische Elegie, dargestellt durch das Schlagen mit „spade“, Schwertern, den langen Stöcken und den „mazzarielli“, den kurzen Stöcken. Aber auch Liebesgedichte werden rezitiert. In der griechischen Tradition trug ein Dichter, auch als Sänger bezeichnet, wie Homer zum Beispiel, das Gedicht vor. Begleitet wurde er durch die Harfe oder auch von einem Flötenspieler. In der “ ‚Ndrezzata“ sind sowohl ein Sprecher, ein Flötenspieler und sogar ein Chor zu hören. In der Tat ist der Text der einzige Anhaltspunkt, von dem aus versucht werden kann, die Frage nach der Herkunft, der Bedeutung und den Zeitraum der Entstehung zu klären. Das epische Gedicht hat, ebenso wie die Ndrezzata eine Eröffnung, das so genannte Poem: Der Sprecher trägt diese Einleitung mit folgenden Worten vor.
„Ich komme vom Monte Cupo / um euch zu grüßen / ich komme aus Tarantiello. Mit einer Lanze und einem „Spurtiello“, (Das Geschenk, ein Korb mit Lebensmitteln) wir sind drei Brüder. Monte Cupo bezieht sich auf das antike Moropano, das heutige Buonopane. „Ich komme aus Tarantiello“ weist auf die historische Herkunft des Erzählers oder Dichters der moropanesischen Sage hin. Dies ist sicherlich im Zusammenhang der hellenischen Kolonisation zu sehen. In der Zeit der Magna Graecia, um 750 v.Chr. wurde Pithecoussai, die erste griechische Kolonie im westlichen Mittelmeer auf Ischia gegründet. Der renommierte Wissenschaftler und Archäologe Don Pietro Monti schreibt über Buonopane: „Historisch gesehen ist Buonopane der wichtigste Teilort der Gemeinde Barano. Die Entdeckung einiger Fragmente „protocorinzia“, d.h. korinthische Keramik mit orientalischen Elementen, deutet auf einen alten griechischen Ursprung hin. Vielleicht stand am Anfang der Gründung nicht die Notwendigkeit, das Land zu bewirtschaften, sondern ein rein wirtschaftlicher Faktor: Ton, der benötigte Rohstoff für die Vasenindustrie. Der Jetto-Hügel ist reich an Tonvorkommen von bester Qualität. Ton war der Grundstoff für die Industrieund Handelswirtschaft der Bevölkerung von Pithecoussai. Der Chorgesang, der den kriegerischen Tanz begleitet (Trallera, trallera… ‚u treia, ‚u treia… Pititum, tindum, tindera… usw.), deutet in der lautmalerischen Mischung eindeutig auf einen griechischen Ursprung hin. Calimera, der höchstgelegene Ort der Insel in der Nähe von Fontana, hat seinen Namen eindeutig aus der griechischen Geschichte der Insel. Viele alte Dialektausdrücke weisen ebenfalls auf diese Verbindung zu den griechischen Siedlern hin. Dass das Proömium des Gedichts an die historische Erinnerung der Bevölkerung von Moropano signalisieren will, bestätigt der „Korporal“ (oder Sprecher) der ‚Ndrezzata. Der verstorbene Fiore Di Iorio (Vater des früheren Korporals Tommaso), befragte im September 1954 anlässlich einer Aufführung den Unterstaatsekretär Manzini, ob er in der ‚Ndrezzata Elemente der klassischen griechischen Epen erkennen kann. Manzini verweilte auf Ischia, um katholische Schriftsteller der Insel zu ehren. Dieser antwortete ihm: „Eccellè, è ’na danza greca“, „unverkennbar, das ist ein griechischer Tanz!“ Hinzu kommt, wie in den klassischen Epen oder griechischen Elegien, das unvermeidliche Liebeselement und gleichzeitig das eindeutig kriegerische Profil, dargestellt durch die kraftvolle synchrone Entfesselung der Schläge. Daran sind auch Frauen beteiligt, die ebenfalls unter den furchtbaren Übergriffen feindlicher Aggressoren zu leiden hatten. Im Jahre 813 kamen zum ersten Mal die Sarazenen und verwüsteten drei Tage lang, vom 17. bis 19. August, die Insel Ischia von einem Ende zum andern. Eher allgemein ist die Aussage von G. Jasolino, ein kalabrischer Arzt des sechzehnten Jahrhunderts der 32 Jahre lang die Insel Ischia erforscht hat. In seinem Buch über „Naturheilmittel von Ischia“ schreibt er unter anderem: Auf Ischia tanzen die Leute sehr gerne. Aber am besten tanzen die Bewohner von Barano und das schöne Volk von Moropano „mit seinen schönen Frauen“. Zur Bedeutung des Wortes Moropano äußert er sich so: „…. und auf der anderen Seite gibt es eine weitere Siedlung, die Moropano genannt wird, so genannt, weil dort das köstlichste Triticum, Weichweizen oder auch Brotweizen genannt, geerntet wird und dass mit diesem Weizen dort das beste Brot gebacken wird. Es sei daran erinnert, dass in allen epischen Gedichten die Autoren oder Schöpfer über die außergewöhnlichen Taten von Männern und Frauen erzählen, die jedes Volk aus seiner Vergangenheit kennt. In diesen Epen wird die Geschichte eines Volkes erzählt, natürlich auch durch die Erinnerung und die Fantasie der Dichter verklärt. Dieses Andenken wird bereichert durch die historische Erzählung ihrer eigenen Herkunft. In der Antike wurden die epischen Dichtungen von Generation zu Generation mündlich überliefert, gesungen oder gesprochen, begleitet von Musikinstrumenten. Erst später wurden die Geschichten in poetischer Form niedergeschrieben, beginnend mit der Ilias und Odyssee. Die Völker, die die Integrität ihrer Traditionen bewahren, sind die Bergvölker. Wir sehen die ‚Ndrezzata nicht als „tänzerischer Ausdruck des Kampfes der Geschlechter“, wie in einer mutmaßlich germanischen Ableitung, die völlig erfunden und willkürlich dargestellt wird. ebenso wenig in Bedeutungen und Ausdrücken, die vom menschlichen und ethischen Charakter des Moropanese und darüber hinaus von der kriegerischen und sentimentalen Deutung des Tanzes völlig entfernt sind. Letztlich ist die ‚Ndrezzata traditionsgemäß einer ausgewählten Gruppe von Familien vorbehalten, wie den Di Costanzo, Di Iorio, Di Meglio, Florio, Migliaccio und Napoleone. Gleichzeitig lehnen wir unflätige und vulgäre Ausdrücke ab. Wir sehen die ‚Ndrezzata in der jahrhundertealten Tradition unseres Ortes und unserer Insel verwurzelt.